Beyond Arbeit

In diesem Artikel geht es um den Begriff »Arbeit«. Nicht nur meine persönliche Wahrnehmung von Arbeit wird beleuchtet, sondern auch die Wortherkunft und die Bedeutung heute. Zudem möchte ich einen Ausblick darauf geben, wie wir zukünftig mit dem Begriff »Arbeit« umgehen sollten, um ihn an die veränderten Bedingungen des 21. Jahrhunderts anzupassen.


Über die Arbeit

Wohoo! Vor ein paar Tagen war es so weit: Ich war nun seit genau drei Jahren in der Arbeitswelt. Was für ein geiles Gefühl! Diese drei Jahre waren überaus prägend für mich. Ich habe in dieser Zeit so wahnsinnig viel über mich selbst, über meine Mitmenschen und über die Arbeitswelt gelernt. Und in dieser Zeit habe ich nicht nur erfahren, wie ich Arbeit wahrnehme, sondern auch, wie andere ihre Arbeit wahrnehmen. Folgende Sätze sind mir nämlich immer mal wieder zu Ohren gekommen: »Boah, keinen Bock, morgen wieder in die Arbeit zu gehen.«, oder: »Mensch, hatte ich heute wieder einen beschissenen Arbeitstag.«, oder: »Endlich Wochenende!«

Während Menschen so etwas in meiner Gegenwart sagten, lernte ich viel darüber, wie diese ihre Arbeit wahrnehmen. Meine Erfahrung zeigt: Oft negativ. Nicht immer, aber oft. Ich habe mich dann stets gefragt: Was genau meinen Menschen eigentlich, wenn sie da von dieser »Arbeit« sprechen?

Arbeit wird heutzutage von vielen Menschen als überwältigend wahrgenommen. Doch was sind die eigentlichen Gründe dahinter? Photo by Luis Villasmil auf Unsplash

Zuletzt, nachdem ich mal wieder so einen Satz hörte, beschäftigte mich das Thema so sehr, dass ich mich mehr mit dem Thema auseinandersetzten wollte. Um zu verstehen, was hinter dem Begriff »Arbeit« steckt und warum darüber so oft so negativ geredet wird.

Ich habe mir dazu ein paar Fragen gestellt und diese für mich in diesem Artikel beantwortet. Vielleicht der Startpunkt einer neuen Auseinandersetzung mit dem Begriff »Arbeit«?!

  • Wie nehme ich Arbeit persönlich wahr?
  • Woher kommt das Wort Arbeit?
  • Was bedeutet Arbeit heute?
  • Müssen wir den Begriff »Arbeit« heute neu denken?

Bei der Beantwortung der Fragen habe ich so einiges dazugelernt und dieses neu erlangte Wissen möchte ich gerne  mit euch teilen ☺


Wie nehme ich Arbeit persönlich wahr?

Wenn ich so an meine Kindheit zurückdenke, dann war in dieser Zeit Arbeit nie so wirklich ein Thema in meiner Familie oder in meinem Umfeld. Am Abendtisch wurde über die Arbeit kaum geredet. Mein Vater erzählte kaum von seiner Arbeit, ebenso wenig meine Mutter. Ich erzählte zwar etwas von meinem Schultag, die meisten Themen am Esstisch hatte jedoch einen Familien- und Freizeit-Bezug.

Als Kind empfand ich den Begriff »Arbeit« als etwas Übergeordnetes und Mannigfaltiges. Für mich manifestierte sich Arbeit sowohl in meinen Hausaufgaben, als auch bei der Hausarbeit, sowie im Beruf meines Vaters oder meiner Mutter.

So richtig konfrontiert mit dem Begriff »Arbeit« und der Menschen Emotionen damit, wurde ich zum ersten Mal während meiner Studien-Praktika-Semesters. Dort hörte ich dann eben Sätze wie: »Was ein Kacktag auf Arbeit.«, oder: »Oh nee morgen wieder in die Arbeit gehen.«, oder: »Freitag ab eins, macht jeder seins. Hoch die Hände Wochenende.«

Hier erfuhr ich zum ersten Mal, wie negativ manche Kolleg*innen Arbeit wahrnehmen.

Nach Abschluss meines Studiums, mit dem Eintritt in die Arbeitswelt hörte ich dann wieder die gleichen Sätze. Mich überkam das Gefühl, dass Arbeit in unserer Gesellschaft einen eher negativen Stellenwert hat. Arbeit ist Pflicht, Arbeit ist doof, Arbeit muss aber halt sein, um Geld zu verdienen.

Es ist natürlich bei weitem nicht so, dass immer und jede*r negativ über ihre oder seine Arbeit sprach. Ich erlebte selbst, wie sehr ich in meiner Arbeit aufgehen kann und wie sehr ich Spaß daran haben kann. Und das sah und hörte ich auch bei einigen anderen Kolleg*innen während meiner Stationen der Arbeitswelt. Es ist also nicht alles schlecht.

Dennoch scheint meine Wahrnehmung die Tendenz zu bestätigen, dass der Begriff »Arbeit« in unserer Gesellschaft im Großen und Ganzen nicht sonderlich gut weg kommt. Das bestätigen unter anderem Studien von businessinsider oder manpowergroup bei denen 50% der Arbeitnehmer*innen in Deutschland mit ihrer Arbeit unzufrieden sind . Und laut einer weiteren Studie der Die Zeit verbringen Deutsche rund 35 Stunden pro Woche mit ihrer Arbeit – das ist ganz schön viel Lebenszeit zum Unzufriedensein, nicht wahr?

Nach all meinen Beobachtungen und Erlebnissen mit dem Begriff »Arbeit« möchte ich diesen nun besser verstehen. Dazu untersuchte ich die Wortherkunft des Begriffes etwas näher.


Woher kommt das Wort Arbeit?

Das Wort »Arbeit« könnte schon bereits von dem Lateinischen Wort »arvus« abstammen, was so viel wie Ackerland und dessen Bearbeitung meint. Auch werden die Wurzeln im Altslawischen Wort »robota« vermutet. Dies meint soviel wie Knechtsarbeit oder Frondienst. Und auch im Althochdeutschen beziehungsweise Mittelhochdeutschen gab es schon die Worte »arabeit« / »arebeit«. Damals meinte man mit Arbeit Mühsal beziehungsweise Not.

Schlägt man den Duden auf, erhält man für das Substantiv »Arbeit« unter anderem die folgenden Erläuterungen:

  • »Tätigkeit mit einzelnen Verrichtungen, Ausführung eines Auftrags«
  • »Das Arbeiten, Schaffen, Tätigsein, das Beschäftigtsein mit etwas, mit jemandem«
  • »Mühe, Anstrengung, Beschwerlichkeit, Plage«
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts arbeitete noch jede zweite Person in der Landwirtschaft. Heute sind es hingegen nur noch rund zwei Prozent! Copywrite by Pieter Bruegel the Elder auf metmuseum

Es zeigt sich, dass es beim Arbeiten prinzipiell darum geht, etwas zu tun, also tätig zu sein oder beschäftigt zu sein. Dabei wird meist etwas verrichtet oder sogar etwas geschaffen. Jedoch wird Arbeit neben dem neutralen Tätigsein auch recht negativ beschrieben, als etwas, das anstrengend und beschwerlich ist, was Mühe kostet und womit man sich herumplagen muss. 

Nachdem ich das gelesen hatte, wurde mir schon einiges klarer. Die Wurzeln der Negativität des Begriffs »Arbeit« liegen zum Teil in der Wortherkunft. Handelt es sich beim historischen Begriff der Arbeit nicht nur um eine recht zuwiderne, lästige, mühsame sondern stellenweise sogar um unfreiwillige Handlung wie Knechtsarbeit.

Begriffshistorisch soweit verstanden, möchte ich im Folgenden die Gegenwart besser beleuchten.


Was bedeutet Arbeit heute?

Denke ich wieder an die einleitenden Zitat-Sätze zurück, dann frage ich mich: WAS genau kritisieren Menschen da, wenn sie heutzutage davon sprechen, dass sie keine Lust auf »den Montagmorgen« haben oder einen schlechten Arbeitstag hatten? Worin liegt heutzutage die Negativbelastung des Wortes »Arbeit«?

Jetzt würde ich ja davon ausgehen, dass, wenn heute (so wie vielleicht damals auch schon) Menschen von ihrer Arbeit negativ sprechen, sie damit eine Tätigkeit meinen. Ihre Tätigkeit. Denkt man jetzt an ein berufliches Arbeitsumfeld, wäre der Schluss zu sagen, Menschen sind somit mit ihrer Tätigkeit des Berufes unzufrieden.

Aber ist dem so? Finden arbeitende Menschen ihre Tätigkeit an sich doof?

Licht ins Dunkel bringen hier ein paar repräsentative Studien.

Die Unternehmensberatung Staufen hat nach den Gründen für unzufriedene Arbeitnehmer*innen gefragt. Hier die Top-5: Unfähige Chefs, schlechtes Gehalt, langweilige Aufgaben, unangenehme Kolleg*innen, unmoderne Arbeitsplätze. Nur eine der Top-5 Unzufriedenheits-Merkmale haben wirklich mit der Tätigkeit selbst zu tun, und zwar wenn diese sogar als langweilig wahrgenommen werden. Sonst ist die Unzufriedenheit auf die Führungsebene, Bezahlung, Teams oder Arbeitsplatz zurückzuführen.

Auch UNICUM nennt bei der gleichen Fragestellung als Antwort vornehmlich Gründe, die nichts mit der Arbeits-Tätigkeit per se zu tun haben. Auch hier spielen wieder Faktoren wie Geld, Stimmung, Betriebsklima, Autorität, Anerkennung und Karriere eine Rolle. Nur abseits werden zu viel oder zu wenig Arbeit (Stichwort Burn-Out, oder Bore-Out) und die Verneinung der Sinnfrage genannt.

Es gibt sogar eine Internetseite, die heißt »Montags gerne aufstehen«. Wie passend. Auch hier wird ein Blumenstrauß an Gründen genannt, warum es vielen Menschen montags so schwer fällt, mit einem Lächeln ihrem Job nachzugehen. Was ich hieran schön finde: Es gibt gewisse Cluster, die sich auf Werte, Strukturen, Druck, Bedingungen, System, Konflikte, Tätigkeiten und das Selbst bezieht. Also auch hier mehrere Faktoren. Komplex, ineinander verwoben, aber definitiv nicht nur auf die Arbeit als Tätigkeit zurückzuführen.

An der Stelle kann ein erstes Fazit her:

Wenn Menschen negativ von ihrer »Arbeit« reden, dann meinen sie damit nicht zwingend die Tätigkeit an sich. Unzufriedenheit liegt viel mehr in den Strukturen, Systemen oder Bedingungen des Arbeit-gebenden Berufes.

Mit diesem Verständnis über die Negativität des Begriffs »Arbeit« möchte ich jetzt eine positive Handlung ableiten.

Arbeit heißt noch lange nicht Negativität. Lasst uns in eine neue lösungsorientierte Umgangsweise mit dem Begriff »Arbeit« aufbrechen! © Ian Schneider auf unsplash

Müssen wir den Begriff »Arbeit« heute neu denken?

Der Begriff »Arbeit« stellt sich also nach näherer Betrachtung als sehr vielschichtig und deshalb vage heraus. Von der Tätigkeit an sich, über den Beruf, bis hin zu Strukturen und Bedingungen kann mit dem Begriff »Arbeit« wirklich vieles gemeint sein.

Ich finde deshalb: Ja, wir müssen den Begriff »Arbeit« neu denken! Wir sollten weg von einer Verallgemeinerung des Begriffes, hin zu einer neuen Differenzierung gehen.

»Ich hatte einen Kack-Arbeitstag« ist zu ungenau für das, was ein*e Arbeitnehmer*in damit ausdrücken möchte. Was genau ist es dann, das missfällt? »Mir gefällt meine »Arbeit« nicht, weil ich mich ausgebeutet fühle und ich finde, dass ich für das, was ich leiste und verantworte, zu wenig Gehalt bekomme!«, »Mir gefällt meine »Arbeit« nicht, weil ich in einem Projekt einfach nicht mit einem Kollegen klarkomme.«, »Mir gefällt meine »Arbeit« nicht, weil mein Bürostuhl so verdammt unbequem ist!«?

Ich glaube, dass sich der Begriff »Arbeit« leider nicht abschaffen lässt, auch wenn ich diese Lösung recht charmant fände. Vom Tätigsein zu sprechen, das hätte doch was. Der Arbeitsbegriff hat meiner Meinung nach ausgedient.

Lasst uns doch stattdessen präziser werden. Lasst uns die Dinge beim Namen nennen. Werdet spezifisch, warum ihr unzufrieden seid. Nennt die Gründe beim Namen. Das hat nicht nur den Vorteil, dass es die Kommunikation leichter macht, nein, noch viel gravierender: Man kann Lösungen dafür finden!

Und wenn ihr das nächste Mal wieder mit den Menschen, die euch so umgeben, über eure »Arbeit« redet, werdet konkret. Sagt nicht: »Boah, morgen wieder Arbeiten!«, sagt: »Boah, morgen wieder an meinem unbequemen Schreibtischstuhl sitzen!«, oder: »Boah, morgen wieder nur Meetings an einem Stück ohne Mittagspause!« Natürlich auch gegengleich, wenn ihr über etwas Positives erzählen wollt. »Wie läuft‘s auf der Arbeit?« – »Gut!«…. Da steckt doch sicher noch mehr dahinter! ☺


Disclaimer: Ähnlichkeiten mit lebenden Personen oder realen Ereignissen sind zufällig. Dieser Text spiegelt die Meinung des Autors wider. Der Artikel reflektiert nicht zwingend die Meinung seines Arbeitgebers.

Quelle des Beitragsbildes: Museums Victoria auf Unsplash